WHO-Klassifikation:

Katecholamin-produzierender Tumor, ausgehend von den  chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks (intraadrenal)
Paragangliom: extraadrenale chromaffine Tumoren (mit und ohne Katecholaminproduktion).
Prävalenz: relativ selten (0,2- 0,6 % aller Hypertonien), wegen des Katecholaminexzesses jedoch lebensbedrohlich.


Indikation zum Screening:

  1. Typische Klinik (s.u.)
  2. Schwer einstellbare Hypertonie
  3. Junge Hypertoniker < 30 Jahre
  4. Paradoxer RR-Anstieg unter ß-Blocker
  5. Genetische Prädisposition

Symptome: 

Leitsymptom:  Hypertonie 
  • Dauerhypertonie
  • anfallsweise mit hypertensiven Krisen:
    • spontan, nach körperlicher Anstrengung, nach Gabe von Medikamenten (Beta-Blocker, Metoclopramid, ACTH) oder durch Erhöhung des abdominalen Drucks (Tasten des Tumors, Wehen)
    • durchschnittliche Dauer der Krisen: zwischen 15 und 60 Minuten
    • Klinische Trias in der Krise: starke Kopfschmerzen, Schwitzen, Palpitationen. Patienten sind durch die Vasokonstriktion meist blass.
  • Weitere Symptome: Tremor, Blässe, Gewichtsverlust, Nervosität, Angst- und Panikzustände, Abgeschlagenheit/Schwäche

Stufendiagnostik:



Labor:  

1. Screeningtest:
  • Blutentnahme morgens, nüchtern, venösen Zugang legen
  • Medikamenteninterferenzen beachten (insb. trizyklische Anti-Depressiva, Phenoxybenzamin, Levodopa, Beta-Blocker, Amphetamine) führen zu einer Erhöhung des Katecholamin-Konzentration und somit zu falsch positiven Ergebnissen
  • Mind. 4 Stunden vor der Blutentnahme kein Kaffee, Tee, koffeinhaltige Getränke, Nikotin
  • Patient muss vor der Blutentnahme mind. 30 Minuten komplett flach liegen (Bereits kurzes Stehen erhöht Plasma-Katecholamine um 50-100%.)
  • Blutentnahme zur Messung der freien Metanephrine (Metanephrin- und Normetanephrin) im EDTA-Plasma. Proben sofort ins Labor schicken.
    • Interpretation: negativ (im Normbereich), Graubereich (1-2-facher oberer Normbereich), positiv (> 2-facher oberer Normbereich)

 

Plasma

Urin

Medikament

Normetanephrine

Metanephrine  

Normetanephrine

Metanephrine  

Acetaminophen

↑↑

--

↑↑

--

Labetalol

--

--

↑↑

↑↑

Sotalol  

--

--

↑↑

↑↑

α-Methyldopa         

↑↑

--

↑↑

--

Trizyklische
Antidepressiva    

↑↑

--

↑↑

--

Buspirone 

--

↑↑

--

↑↑

Phenoxybenzamin

↑↑

--

↑↑

--

MAO-Hemmer               

↑↑

↑↑

↑↑

↑↑

Sympathomimetika

Kokain

↑↑

↑↑

Sulfasalazin

↑↑

--

↑↑

--

Levodopa

↑↑

(↑↑ deutlicher Anstieg, ↑ milder Anstieg, -- keine Änderung) 
  • Chromogranin A (Serum),

    Interpretation:  Werte > 270 µg/l haben eine sehr gute Spezifität für ein Chromozytom (falsch positive Ergebnisse unter Protonenpumpenhemmer und bei Niereninsuffizenz).

    Die postoperative Bestimmung wird ebenfalls für die Nachsorge empfohlen.

  • 3-Methoxytyramin im 24-Stunden-Sammelurin, angesäuert (bei Verdacht auf malignes Phäochromozytom). Diese Tumoren produzieren häufig Dopamin, was durch die Metanephrine nicht erfasst wird


2. Weiterführende Diagnostik (zur Verifizierung bei Ergebnissen im Graubereich oder zur Bestätigung bei positiven Screeningtest):
  • Katecholamine (Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin) und Metanephrine (Normetanephrin, Metanephrin) im 24-Std. Sammelurin (angesäuert)

    Bitte beachten: mind. 4 Stunden vor Beginn des Sammelns und während des Sammelns sind: Kaffee, Tee, Nikotin, koffeinhaltige Getränke, Schokolade, Nüsse, Zitrusfrüchte und vanillehaltige Produkte zu vermeiden

  • Clonidin-Test:
    • Durchführung früh morgens, am nüchternen Patienten
    • Mind. 4 Stunden vor der Blutentnahme kein Kaffee, Tee, koffeinhaltige Getränke, Nikotin
    • Test ist nur bei Patienten mit leicht erhöhten Normetanephrine sinnvoll
    • Interferierende Medikamente (s. Tabelle) wenn klinisch vertretbar 1 Woche vorher absetzen.
    • 30 Minuten vor Testbeginn venösen Zugang legen, Patient muss komplett flach liegen(Bereits kurzes Stehen erhöht Plasma-Katecholamine um 50-100%.)
    • Herzfrequenz und Blutdruck halbstündlich messen
    • Zeitpunkt 0: erste Blutentnahme zur Messung von Plasma-Katecholamine und Plasma-Metanephrine (2x EDTA-Blut). Probe sofort ins Labor schicken
    • Orale Gabe von 300 µg Clonidin (cave: Retardpräparat verwenden, bei deutlich unter- oder übergewichtigen Patienten Dosis ca. 4 mg Clonidin/kg KG)
    • Zweite Blutentnahme nach 180 Minuten: zur Messung von Plasma-Katecholamine und Plasma-Metanephrine (2x EDTA-Blut). Probe sofort ins Labor schicken
    • Der Test ist positiv, wenn Plasma-Noradrenalin (weniger als 50 %) und Plasma-Normetanephrin  (weniger als 40%) nicht adäquat abgesenkt werden und weiter erhöht bleiben
  • Genetische Untersuchungen
3. Differential- und Lokalisationsdiagnostik: CT/MRT, MIBG-Szintigraphie

Therapie: 
  • Katecholamin-produzierende Tumoren: operativ
  • Bei malignen Phäochromozytomen: Chemotherapie
NB:   Phäochromozytome können auch weitgehend asymptomatisch sein (zufällige Entdeckung in der Bildgebung)

Als Therapiekontrolle dienen ebenfalls die Plasma-Metanephrine.

Die Bestimmung von Vanillinmandelsäure im 24-Std.Urin sowie von Adrenalin und Noradrenalin im Plasma ist weiterhin möglich, wird aber zunehmend durch die Metanephrin-Bestimmung ersetzt (deutlich größere Spezifität und Sensitivität).

Besteht trotz eines negativen Screenings weiter der dringende Verdacht, soll man den Screening wiederholen. Ebenfalls zu empfehlen ist, mit dem Sammeln eines 24h-Urins unmittelbar nach der Krise (Behälter dem Patienten aushändigen) zu beginnen.

In der Schwangerschaft imponiert der Phäochromozytom wie eine Präeklampsie!
 

Literatur

  • Sven Diederich: Diagnostik bei endokriner Hypertonie, XVII Intensivkurs für Endokrinologie Potsdam , 2014
  • Diederich et al.: Endocrine Hypertention-Diagnosis and treatment of hormone induced blood pressure disordes. 1st edition 2013, UNI-MED
  • Martin Fassnacht: Diagnostik und Therapie des Phäochromozytoms, XVIII- Intensivkurs für Endokrinologie, Stuttgart, 2015
  • Lenders J et al., 2014: Pheochromocytoma and paraganglioma: an Endocrine Society Clinical Practice Guideline, J Clin Endocrinol Metab 99, 1915-425
  • T.R. Harrison: Harrisons Innere Medizin, 18. Auflage, 2012, ABW Wissenschaftsverlag, ISBN: 978-3-940615-20-6
  • Manfras B et al. Praxishandbuch Endokrinologie: 2015ISBN: 978-3-95466-005-6