Definition und Pathogenese

Thrombophilie wird als Zustand, bei dem das Risiko des Auftretens thromboembolischer Erkrankungen erhöht ist und der zugrundeliegende Risikofaktor in Störungen der Hämostase einschließlich der Fibrinolyse besteht, definiert.

Folgende Kriterien werden basierend auf der Virchow´schen Trias gegenwärtig zur Charakterisierung einer Thrombophilie herangezogen:

  1. Verlangsamung der Blutströmung
    (z.B.: Bettlägerigkeit, Gipsverband, Langstreckenflüge)
  2. Schädigung der Gefäßwand
    (z.B.: lokales Trauma, Manipulation an der Vene im Rahmen einer Operation, Entzündungsreaktionen, Tumorinfiltration usw.)
  3. Hyperkoagulabilität
    (thrombophile Gerinnungsstörungen, Einfluss von Medikamenten, myeloproliferative Erkrankungen)

Labordiagnostik der thrombophilen Gerinnungsstörungen

Eine Reihe von Komponenten kann die Ursache einer angeborenen Thrombophilie sein. Am besten gesichert sind folgende Risikofaktoren:

  • Antithrombin
  • Protein C und S
  • Faktor V-Genmutation (Faktor V Leiden, APC Resistenz)
  • Prothrombin- G20210A-Genmutation (Faktor II-Mutation)

Diese Faktoren repräsentieren ca. 95% der bekannten angeborenen Thromboseursachen.

Risikofaktor Häufigkeit (Allgemeinbevölkerung) Thromboserisiko
Antithrombin ca. 0,1 % (heterozygot) ca. 5-50 fach
Protein C ca. 0,3 % (heterozygot) ca. 4 fach
Protein S ? ca. 10 fach
Faktor V Leiden, APC Resistenz ca. 7% (heterozygot)
ca. 0,2% (homozygot)
ca. 5-10 fach
ca. 50-100 fach
Prothrombin-G20210A-Genmutation 1-2% (heterozygot) ca. 2-4 fach
Faktor VIII >150% ca. 11% ca. 2-5 fach
Lupusantikoagulantien und Antiphospholipid-Antikörper ca. 10% ca. 10 fach
Homocystein ca. 10% ca. 2,5-4 fach

Zu den erworbenen Ursachen gehören:

  • erworbene Störungen des Antithrombins, Protein C und S, der PAI-Aktivität
  • Faktor VIII-Erhöhung
  • Lupusantikoagulantien und Antiphospholipid-Antikörper
  • Homocystein
  • Thrombozytäre Überfunktion


Neben diesen Komponenten sind noch die sogenannten erworbenen hyperkoagulablen Zustände zu erwähnen, die bei verschiedenen Erkrankungen, Syndromen, Therapieformen und bestimmten körperlichen Situationen beobachtet werden: z.B. Malignome, myeloproliferative, kardiovaskuläre Erkrankungen, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Chemotherapie, Östrogene, Post partum usw.
Die Untersuchungsergebnisse können bei erworbenen Störungen stark variieren oder bei Beseitigung der Grundkrankheit oder auslösenden Situation völlig verschwinden.

Zeitpunkt der Untersuchung

Der optimale Zeitpunkt zur Untersuchung der Thrombophilie-Parameter ist bei Patienten mit Thrombose bei Diagnosestellung vor Beginn der Therapie. Wenn der Zeitpunkt verpasst worden ist, ist eine Blutentnahme unmittelbar vor der nächsten Heparindosis möglich.
Eine Blutentnahme unter einer bereits begonnenen oralen Antikoagulationstherapie wird nicht empfohlen, da mit starken Abweichungen der einzelnen Parameter zu rechnen ist (z.B. Verminderung der Protein C-Aktivität, sowie des freien Protein S). Als Ausnahme gelten die genetischen Untersuchungen, die jederzeit unabhängig von Therapie durchführbar sind.
Alternativ kann die Blutentnahme in ca. 3-4 Wochen nach Absetzen der Antikoagulation stattfinden. Einige der untersuchten Faktoren werden durch das akute Gerinnungsgeschehen verbraucht (z.B. Antithrombin, Protein C und S) oder werden durch die antikoagulatorische Therapie (z.B. Protein C und S bei Kumarintherapie) vermindert synthetisiert.
Die frühe Bestimmung der Risikofaktoren kann die Entscheidung der Therapiedauer nach einer Erstthrombose erleichtern (z.B. beim Nachweis von Risikofaktor, der mit einem hohen Risiko für Rezidivthrombosen verbunden ist). Der Gerinnungsaktivierungsgrad nach Absetzen der Therapie kann mittels der D-Dimer-Bestimmung abgeschätzt werden. Ein negatives D-Dimer-Ergebnis zum Zeitpunkt der Untersuchung macht ein Rezidiv wenig wahrscheinlich, ein positives Ergebnis dagegen sollte ggf. zu einer Therapiefortführung bewegen.

Material und Präanalytik

Für eine komplette Thrombophiliediagnostik werden 2 Citrat-Röhrchen, 1Serum-Röhrchen und 1 EDTA-Röhrchen benötigt. Für die Bestimmung der Faktor V- und Faktor II-Mutation ist nach dem neuen Gendiagnostikgesetz eine Einverständniserklärung des Patienten notwendig.
Für die Bestimmung des Homocysteins ist eine Nüchtern-Blutentnahme notwendig. Dabei sollte das Blut bei 4°C gelagert bzw. das Plasma innerhalb der ersten Stunde abzentrifugiert werden.
Für alle Gerinnungsuntersuchungen sollten die Proben so schnell wie möglich in das Labor transportiert werden. Die Untersuchungen sollten 4 h nach der Blutentnahme erfolgen. Wenn diese Zeit nicht eingehalten werden kann muss das Plasma abgetrennt und tiefgefroren werden.

 

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