Definition

Störung der Geschlechtsidentität, bei der sich anatomisch, endokrinologisch und genetisch normale Individuen der entgegengesetzten Geschlechterrolle zugehörig fühlen. Beginn oft schon in der Kindheit.

Symptome:

  • Gefühl des Unbehagens oder der Nichtzugehörigkeit zum eigenen Geschlecht
  • Aversion gegenüber der eigenen Geschlechtsausstattung
  • Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung
  • Das Tragen von Kleidung des anderen Geschlechts führt zu Beruhigung
  • Die sexuelle Identität ist wichtiger als die sexuelle Befriedigung

Äthiologie

  • noch unklar
  • diskutiert wird:
    • Veränderung einer Kernregion in Stria terminalis (Hypothalamus), die für das sexuelle Verhalten bei Nagern von Bedeutung ist. Diese Region ist bei Mann-zu Frau-Transsexuellen als klein und weiblich identifiziert, wie bei Frauen
    • Pränatale hormonelle Imbalance von Androgenen, Gestagenen und Östrogenen
    • Einfluss von psychosozialen Faktoren, insbesondere von familiären Faktoren und Elternhaus

Differentialdiagnose

  • Intersexualität
  • Ablehnung einer homosexuellen Orientierung
  • Transvestismus (Der Wunsch nach langfristiger Geschlechtsumwandlung oder chirurgischer Korrektur besteht nicht. Das Tragen von Kleidung des anderen Geschlechts führt zur sexuellen Erregung.)

Diagnostik

  • Allgemeine körperliche Untersuchung, Genitaler Status, Sekundäre Geschlechtsmerkmale
  • Ausschluss
    • Psychischer Störungen (z.B. Schizophrenie)
    • Schwerer Persönlichkeitsstörungen
    • Chromosomenaberrationen

Labor

  • Gonadotropine (LH und FSH), Östradiol, Prolaktin, Testosteron, SHBG
  • Karyotypisierung (Turner- Syndrom mit XO-, Klinefelter-Syndrom mit XXY-Chromosomensatz)
    (nur mit Einverständniserklärung nach dem neuen Gendiagnostikgesetz!)

Therapie

  • Alltagstest: fachärztliche und psychotherapeutische Begleitung zur Bestätigung der Diagnose (1-3 Jahre)
  • Frühestens 3 Monate nach Beginn des Alltagstests: gegengeschlechtliche Hormonbehandlung zur Entwicklung der gewünschten sekundären Geschlechtsmerkmalen
    • Mann-zu Frau-Transsexualität (Östrogene in Kombination mit oralen Antiandrogenen)
    • Frau-zu-Mann-Transsexualität (Testosteron)
  • Erst nach Umwandlung der sekundären Geschlechtsmerkmalen: operative Therapie

 

NB: Thromboembolische Komplikationen bei der Östrogentherapie beachten.
Die Änderung der geschlechtlichen Identität ist im Transsexuellengesetz (1980) geregelt.

 

Literatur:

  • Nawroth & Ziegler: Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel, 2001, ISBN: 3-540-64765-1
  • Urdl, W.: Behandlungsgrundsätze bei Transsexualität, Störungen der Geschlechtsidentität, Gynäkologische Endokrinologie 2009 • 7:153–160
  • Senf, W.: Transsexualität Psychotherapeut 2008 • 53:316–32
  • H. Richter-Appelt: Intersexualität nicht Transsexualität, Abgrenzung, aktuelle Ergebnisse und Reformvorschläge
    Bundesgesundheitsbl 2013 • 56:240–249