Definition

Hirsutismus: verstärktes Haarwachstum bei Frauen, entsprechend dem männlichen Behaarunsgsmuster (Kinn, Oberlippe, Brust, Oberschenkelinnenseite, Schamregion) ohne Virilisierungserscheinungen

Differentialdiagnosen

Virilisierung (Vermännlichung): Hirsutismus plus weitere Symptome, wie Tieferwerden der Stimme, Brustdrüsenathrophie, verstärkte Muskelaufbau, Klitorisvergrößerung, verstärkte Libido, Amennorhoe.
Hypertrichose: androgenunabhängige, für die jeweilige Körperregion untypisch starke Behaarung

Ursachen

  • Idiopathisch (90%, Testosteron-Spiegel normal, genetische Disposition: Mittelmeerraum)
  • Sekundär:
    • Ovariell:  PCO-Syndrom, Ovarialtumoren
    • Adrenal : NNR-Tumoren, Adreno-genistales Syndrom (AGS)
    • Adipositas (BMI> 30 geht oft mit Hirsutismus einher)
    • Medikamente: Testosteron, Anabolika, Glukokortikosteroide, Phenytoin, Minoxidil, Ciclosporin

Pathophysiologie

  • Haare im Gesicht, auf der Brust, dem oberen Abdomen und dem Rücken benötigen zum Wachstum höhere Androgenkonzentrationen. Bei Androgenüberschuss der Frau sind deshalb diese Regionen betroffen.
  • Durch Verkürzung der Anagenphase kommt es zum Haarverlust in der Skalpregion.

Diagnostik

  • Objektivierung des Hirsutismus nach Ferriman und Gallwey (bei Bedarf bitte im Labor nachfragen). Eine Gesamtpunktzahl < 8 ist normal und bei etwa 95% der weißen Patientinnen zu finden. D.h. die meisten Frauen haben ein gewisses Haarwachstum in den androgen-sensitiven Regionen.
  • Menstruationszyklus?
  • Ausschluss von Hyperprolaktinämie, Hypothyreose, Cushing-Syndrom, AGS

Labor:

  • Prolaktin, TSH, Cortisol
  • 17-OH-Progesteron
  • Testosteron/SHBG, DHEA-S, Androstendion, Androstandiolglukoronid

Therapie:

  • idiopathisch:  mechanisch (Rasur, Blechen, Epillieren), chemisch (Elektrolyse), Laserphototherapie
  • adrenal:  Dexamethason
  • ovariell: Medikamentös (Östrogen-Gestagen-Präparate, Metformin bei Insulinresistenz)

 

NB:  Ein sich schnell entwickelnder Hirsutismus ist verdächtig auf einen Androgen-produzierenden Tumor.
Der Erfolg einer medikamentösen antiandrogenen Therapie ist frühestens nach 6 Monate sichtbar, meist jedoch
nach 1 Jahr. Dabei wird eine Milderung des Hirsutismus in etwa 20 % der Fälle beobachtet. Häufig wird jedoch nur eine weitere Progression des Haarwuchses verhindert.

 

Literatur:

  • T.R. Harrison: Harrisons Innere Medizin, 18. Auflage, 2012, ABW Wisseschftsverlag, ISBN: 978-3-940615-20-6
  • Leidenberger, F., Stowitzki, Th., Ortmann, O.: Klinische Endokrinologie für Frauenärzte, 4 Auflage, 2009,Springer,  ISBN: 978-3-540-89759-0
  • G. Herold und Mitarbeiter: Innere Medizin, 2010
  • L. Thomas: Labor und Diagnose, 8 Auflage, 2012 ISBN: 978-3-9805215-8-1