Anamnese

  • 50% der Borreliose-Patienten verneinen einen Zeckenstich. Eine negative Zeckenanamnese schließt also eine LB nicht aus. 
  • Eine chronische LB kann auch ohne Zeckenstich und ohne Erythema migrans (EM) bestehen, wenn Krankheitsumstände, Krankheitsmanifestationen und Differentialdiagnose dies nahelegen.

Symptomatik:

  • Frühe Form (bis 6 Monate nach Zeckenstich)

    • Frühe lokalisierte Form: 

Erythema migrans: nach 3 bis 30 Tage an der Einstichstelle: schmerzlose, randbetonte Rötung ≥ 5 cm, die zentrifugal abblassen kann. Zusätzlich möglich: Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen oder leichtes Fieber. In 50% der Fälle wird keine EM beobachtet. Dann stütz sich die Diagnose auf Krankheitsumstände (Hausgarten, Zeckenstich, freie Natur-Aufenthalt), Ganzkörperuntersuchung durch den Arzt (EM oft sehr blass) und Labordiagnostik.

Respiratorische oder gastrointestinale Beschwerden sprechen gegen LB!

    • Frühe disseminierte Form: 

Meningitis, Meningoradikulitis Bannwarth (bohrende oder brennende, radikuläre Schmerzen v.a. nachts, Facialisparese, Tetra- oder Paraparesen), Myalgien, Myositis, Myo- oder Perikarditis , Iriits, Lymphozytom (rötlich livider Tumor, insb. am Ohrläppchen bei Kindern, an Brustwarzen oder Scrotum bei Erwachsenen)

  • Späte Form (länger als 6 Monate bis Jahre nach Zeckenstich):

    • Mono- oder Oligoarthritis (Lyme-Arthritis): einzelne oder wenige große Gelenke (meist Kniegelenk) mit massiver intraartikulärer Schwellung und typischerweise Tage bis Wochen andauernden rezidivierenden Beschwerden 

„Rückenschmerzen“ sind keine typische Lokalisation!

    • Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA): anfangs Schwellung und livide Verfärbung, später Hautatrophie, meist in Verbindung mit Polyneuropathie.
    • Neuroborreliose: Meningitis, Meningoradikulitis Bannwarth (s.o.), Blasenfunktionsstörungen, Wesensveränderungen
    • Fatigue: Erschöpfung, chronisches Krankheitsgefühl
    • Muskel- und Skelettbeschwerden

Diagnostik:

  • Ein negativer Befund schließt eine LB nicht aus. Auch ohne AK-Nachweis kann eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegen (zu frühe Blutentnahme, Cortison, frühe jedoch inadäquate Antibiotische-Therapie, AK-Mangelsyndrom, Immunschwäche). Bei typischer klinischer Symptomatik sollte unabhängig vom Laborbefund therapiert werden.
  • Mit einer einmaligen serologischen Untersuchung ist es nicht möglich zu unterscheiden, ob eine Infektion floride oder latent ist. Das kann nur der Kliniker anhand des klininischen Verlaufs tun.
    • Bei Zeckenstich oder seid kurzen bestehenden Symptomen (Frühstadium) ist unabhängig vom ersten serologischen Befund eine Kontrolle nach 4-6 Wochen erforderlich. Eine Serokonversion, ein signifikanter Titeranstieg oder Zunahme der Banden im Verlauf ist Beweis für eine erfolgte Borrelien-Infektion.
  • Positive IgG-Befunde in der chronischen Phase unterscheiden sich nicht von positiven Befunden nach überstandener Infektion. In diesen Fällen ist die Klinik entscheidend.
  • Bei chronischen Beschwerden sind IgG zu 100% nachweisbar. D.h. ein negativer IgG-Test schließt eine chronische Infektion praktisch aus!
  • Die Präsenz spezifischer AK beweist nicht das Vorhandensein einer klinischen Manifestation, sondern ein Immunkontakt:
    • kurzer Immunkontakt (Tage bis wenige Wochen, nur Frühantikörper: OspC- IgM/IgG, p41-IgM, VlsE- IgM/IgG, p39-IgM)
    • langer Immunkontakt (mehrere Wochen bis Monate, mit Spätantikörpern, p39-IgG, Osp17/ DbpA-IgG, p83-IgG)
    • IgM-Antikörper werden 2-3 Wochen nach Infektion gebildet. Sie können nach Wochen bis Monaten abfallen, aber auch noch Jahre persistieren.
    • IgG-Antikörper steigen nach 6 bis 8 Wochen an und persistieren über Jahre oder Jahrzehnte. Bei Rekonvaleszenz sinken die Titer allmählich.

Meldepflicht: 

In Sachsen-Anhalt ist gemäß der „Verordnung über die erweiterte Meldepflicht bei übertragbaren Krankheiten vom 12. April 2005“ eine Meldepflicht für Borrelia burgdorferi beim direkten bzw. indirekten Nachweis gefordert, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen (sogenannte Labormeldepflicht). Es besteht keine zusätzliche Arztmeldepflicht.

Für Einsender aus Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern ist auch eine zusätzliche Arztmeldepflicht gefordert. Genauere Informationen erhält man in den Gesundheitsämtern der jeweiligen Bundesländer.

Da es sich um eine meldepflichtige Erkrankung handelt, belasten die Laboruntersuchungen Ihr Budget nicht (Ausnahmekennziffer 32006).

Therapie:

Je früher mit der antibiotischen Behandlung begonnen wird, desto besser ist der Erfolg. Eine frühzeitige AB-Therapie kann allerdings die Entwicklung von AK verhindern. Der Therapieerfolg muss klinisch beurteilt werden. Oft klingen die Symptome erst Wochen bis Monate nach der Therapie ab. Selbst ohne AB mündet die LB nicht schicksalhaft in eine späte Manifestation, sondern heilt häufig aus.

Achtung!
Die aufgeführten Therapieempfehlungen sind unverbindlich und dienen als Orientierung. Es sind die aktuellen Richtlinien/Leitlinien der Fachgesellschaften und die Fachinformationen der jeweiligen Medikation zu beachten.

Antibiotikum Erwachsene
(Dosis/Tag)
Kinder Dosis/kg
KG/Tag
Dauer/Tage
Frühe Manifestation1

Doxycyclin p.o.
Amoxicillin p.o.
Azitromycin p.o.




2 x 100 mg oder 1 x 200 mg
3 x 500-1000 mg
2 x 250 mg




ab 9 Jahre: 4 mg
50 mg
5-10 mg 




14 - 21
14 - 21
10


Bei neurologischer Beteiligung, bei schwerer Herzbeteiligung

Ceftriaxon i.v.
Cefotaxim i.v.





1 x 2 g
3 x 2 g





50 - 80 mg
150 mg




14 - 21
14 - 21


Späte Minfestation2


Doxycyclinp.o.
Amoxicillin p.o.
Ceftriaxon i.v.
Cefotaxim i.v.
Penicillin G i.v.

 



2 x 100 mg
3 x 500 - 1000 mg
1 x 2 g
3 x 2 g
4 x Mio IE

 



ab 9 Jahre: 4 mg
50 mg
50 - 80 mg
150 mg
200.000-500.000 IE

 



21 - 30
21 - 30
14 - 21
14 - 21
14 - 21

1 Doxycyclin p.o. bei Erwachsenen auch bei unkomplizierter Neuroborreliose möglicherweise 300 mg erforderlich
  Azitromycin bei Unverträglichkeit der anderen Substanzen
Bei später Neuroborreliose intravenöse Therapie für 14- 28 Tage

 

Literatur:
Klinik der Lyme-Borreliose, N. Satz, Huber-Verlag, 2010
Aspekte der Lyme-Borreliose, Firma DiaSorin, Medioform
Diagnostik der Lyme-Borreliose, F. Tewald, Mikrobiologie 24 JG. 2014

Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose, Leitlinien der Deutsche Borreliose Gesellschaft e.V. , 2011
Lyme-Borreliose-Update, Forum Aktuell, Firma Siemens, 1/2013
Diagnostik der Lyme-Borreliose, V. Fingerle und B. Wiske, Nationales Referenzzentrum für Borrelien
Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, S1, September 2012

 

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