Ursachen:  

Physiologische Erhöhung bei:

  • seelische oder körperliche Belastung,
  • schwierige Blutentnahme (insb. bei Kindern)
  • Gravidität/Stillperiode (Am Ende einer normalen Schwangerschaft werden Prolaktin-Konzentrationen von 4.000 bis 10.000 mIU/l gemessen. Eine Abgrenzung zwischen einer physiologischen bzw. pathologischen Hyperprolaktinämie ist während einer Schwangerschaft labordiagnostisch nicht möglich.)
  • nächtlicher Anstieg
  • Geschlechtsverkehr
  • periovulatorisch
  • Untersuchung der Brust

Pathologische Erhöhung bei:
Funktionell: nach Ausschluss aller organischen Ursachen

  • Prolaktinome (häufigste Ursache, Auftreten meist zwischen 30. und 50. Lebensjahr , Prognose sehr gut, maligne Adenome sind sehr selten < 1%)
  • Hypothyreose (Prolaktinstimulation durch endogenes TRH)
  • Tumore im Hypothalamus (Kranyopharyngeome, Meningeome)
  • Empty-Sella-Syndrom
  • entzündliche Erkrankungen (Enzephalitis, Meningitis)
  • Niereninsuffizienz
  • Medikamentös (Neuroleptika, Antidepressiva, Antiemetika, Opiate, Metoclopramid, Antihistaminika, Antihypertensiva)  

Begriffe:

Prolaktinom beschreibt ein Adenom

Makroprolaktin (nicht zu verwechseln mit Markoprolaktinom!):  

  • meistens leicht bis mäßig erhöhte Prolaktinspiegel ohne klin. Symptomatik (bei ca. 30 % der Frauen mit Hyperprolaktinämie und ohne Symptomatik)
  • beruht auf die Bildung von Antigen-Antikörper-Komplexe von Prolaktin mit IgG, IgM und IgA, führt zu falsch hohen Werten ohne klinische Relevanz
  • nach Rücksprache mit dem Labor - weitere Abklärung mittels PEG-Fällung (Polyethylenglykol) möglich

Klassifikation der Prolaktinome:

  • Mikroprolaktinom:  ≤ 10 mm (das häufigste Adenom, ca.  90 %, sehr geringe Wachstumstendenz, Frauen sind 6mal häufiger betroffen)
  • Markoprolaktinom:  11- 39 mm (meist invasives Wachstum und Kompression von umgebenden Strukturen, Geschlechtsverhältnis ausgeglichen, Werte z.T. extrem hoch
  • „giant“-Prolaktinom (≥ 40 mm)

Pathophysiologie:  
Erhöhte Prolaktinwerte können:

  • die Entwicklung von Follikeln und Oozyten beeinflussen sowie die Progesteronsynthese des Corpus luteum inhibieren
  • zu einem hypogonadotropem Hypogonadismus und Östrogenmangel führen, die die Osteoporose und das Frakturrisiko erhöhen
  • zu einer vermehrten adrenalen Androgenproduktion bei gleichzeitiger Verminderung des SHBG und damit zum Adrogenexzess führen

Leitsymptome:

  •  bei Frauen: Amenorrhoe, Galaktorrhoe ( nur bei etwa der Hälfte der Frauen!), Mastopathie, anovulatorische Zyklen, depressive Stimmungslage
  • bei Männern: Libido- und Potenzstörungen, Gynäkomastie
  •  bei Makroprolaktinomen: Gesichtsfeldeinschränkungen, Augenmuskelparesen, Symptome einer Hypophyseninsuffizienz 

Diagnostik:

  • Laboruntersuchung
  • Magnetresonanztomographie (MRT) der Sellaregion ohne und mit Kontrastmitteln (wird ab einen Prolaktinwert von ca. 1200 mIU/l empfohlen, individuell bei ausgeprägter Symptomatik ggf. auch bei niedrigen Werten (bilateralen Blickfeldausfälle oder Kopfschmerzen)

Labor: 

Bestimmung des basalen Prolaktins (Serum) 

Präanalytik:

  • Blutentnahme mindestens 1h nach dem Aufwachen
  • Palpation der Mamma immer erst nach der Blutentnahme
  • Bei erhöhten Werten müssen diese nach Ausschluss von physiologischen Ursachen durch eine zweite Blutentnahme bestätigt werden, um das Vorliegen einer Hyperprolaktinämie zu sichern!

àAusschluss einer Hypothyreose (TSH),  die zu leicht erhöhten Werten führen kann

Prolaktin-Zeitprofil (wird mehr und mehr durch die bildgebende Diagnostik verdrängt):

  • 3-malige Blutentnahme zur Bestimmung des Prolaktins in einem Abstand von ca. 15-20 Minuten unter stressfreien Bedingungen und liegender Flexüle
  • Bei passageren, stressbedingten Erhöhungen erfolgt eine kontinuierliche Abnahme der Konzentration des Prolaktins. Bei autonomen Prozessen oder kontinuierlich einwirkenden stimulierenden Faktoren bleibt die Konzentration konstant hoch.

Prolaktin-Stimulationstest mit Metoclopramid (MCL)- bzw. Paspertin®-Test

Indikation: 

  • Galaktorrhoe bei normwertigen bzw. nur leicht erhöhten basalen Prolaktinwerten
  • Erfassung nächtlicher Erhöhungen bei noch normalen Tageswerten

Durchführung:

  • bei Frauen in der frühen Follikelphase
  • am nüchternen Patienten
  • morgens Blutentnahme zur Bestimmung des Basalwertes
  • Gabe von 10 mg Metoclopramid (Paspertin®) i.v.
  • nach 25 Min. Blutentnahme für die Bestimmung des stimulierten Wertes

o    cave: Patienten hinweisen: Müdigkeit, Unwohlsein, Fahruntüchtigkeit nach der Injektion möglich

Interpretation:

  • ein Anstieg bis 4830 mIU/l in der Follikelphase gilt als normal


Therapiemöglichkeiten

Therapie der Wahl: Einnahme von Dopaminagonisten (Bromocriptin, Cabergolin). Wirksamkeit und Verträglichkeit sehr gut, Laborkontrollen anfänglich monatlich, nach Normalisierung 3 monatlich, Auslassversuch nach 2 Jahren bei Mikroprolaktinom, bei Makroprolaktinom nach 3-5 Jahren

o   Cave: Gravidität!

- Operativ /strahlentherapeutisch bei bestimmten Indikationen

- Substitution des Hypogonadismus (in der Postmenopause ist keine Therapie erforderlich)


NB:
        
Eine Hyperprolaktinämie ist nicht immer Folge eines Prolaktinoms!

Bei Hyperprolaktinämie und Eumenorrhoe Rücksprache mit dem Labor zur Klärung eines Makroprolaktins!

Prolaktinome können im Rahmen von MEN (Multiple endokrine Neoplasie) Typ I auftreten.

Literatur:

H. Lehnert: Rationelle Diagnostik  und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel, Thieme, 4 Aufl. 2015, ISBN: 978-3-13-129554-5

B. Manfras et al.: Praxishandbuch Endokrinolgie, 2015, MWV, ISBN: 978-3-95466-005-6

L. Thomas: Labor und Diagnose, 8 Auflage, 2012 ISBN: 978-3-9805215-8-1

F. Nawroth 2015: Hyperprolaktinämie, Gynäkologe 48:383-393
G. K. Stalla: Therapielexikon Endokrinologie und Stoffwechselkrankheiten, Springer, 2007