Ziel/Indikation:

Differentialdiagnose einer Hyperkortisolämie/“Pseudo-Cushing-Syndrom“ vom M. Cushing (ACTH-produzierendes Hypophysenadem)

Prinzip:

Eine oft als „Pseudo-Cushing-Syndrom“ bezeichnete Hyperkortisolämie kann durch verschiedene Erkrankungen wie Depressionen, Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes u.a. ein, dem Morbus Cushing (ACTH-produzierendes Hypophysenadenom) sehr ähnliches, klinisches Bild aufzeigen. Der Mechanismus der vermehrten Cortisolsekretion ist bisher nicht vollständig geklärt, man geht aber von einer erhöhten CRH-Sekretion und/oder einer gestörten hepatischen Cortisol-Metabolisierung aus.

Durch die Gabe von Dexamethason wird die ACTH-Sekretion in der Hypophyse supprimiert (siehe Dexamethason-Kurzzeittest). Im Falle eines M. Cushing erfolgt nur eine geringe oder gar keine Suppression. Bei Vorliegen eines „Pseudo-Cushing-Syndroms“ funktioniert der negative Feedbackmechanismus noch und es kommt zu einer adäquaten Suppression des Cortisols im Serum.

Durch die gleichzeitige Gabe von CRH wird der Fakt ausgenutzt, dass im Falle eines „Pseudo-Cushing-Syndroms“ durch die sowieso erhöhte CRH-Sekretion nur ein geringer Anstieg des ACTH und damit des Cortisols zu messen ist. Im Falle eines M- Cushing erfolgt durch die Gabe von CRH eine vermehrte ACTH-Ausschüttung, was in einem Anstieg des Serum-Cortisol endet.

Vorbereitung:

  • Der Patient sollte über die Möglichkeit einer Flushsymptomatik, Geschmacksmissempfindungen und evtl. leichtem Blutdruckabfall (über wenige Minuten) nach CRH-Gabe informiert werden.
  • Im Kindesalter wird der Test aufgrund des fehlenden diagnostischen Zusatznutzen nur in Ausnahmefällen empfohlen.

Durchführung:

Tag 1

  • Gabe von Dexamethason 0,5mg p.o. alle 6 Stunden (insgesamt 8 Mal)
  • 12.00 Uhr, 18.00 Uhr, 24.00 Uhr                                            

 Tag 2  

  • Gabe von Dexamethason 0,5mg p.o. alle 6 Stunden
  • 6.00 Uhr, 12.00 Uhr, 18.00 Uhr, 24.00 Uhr                                                 

Tag 3   An diesem Tag bleibt der Patient nüchtern!

  • 6.00 Uhr letzte Gabe von Dexamethason
  • 8.00 Uhr Injektion von 100 μg CRH i.v.
  • 8.15 Uhr Blutentnahme zur Bestimmung des Serum-Cortisols (1x Serum), evtl. ACTH (1x EDTA)

àProbe gekühlt lagern und gekühlt transportieren!

Ergebnisse und Interpretation:

 

Serum-Cortisol > 2,0 μg/dl        à        keine genügende Suppression des ACTH durch Dexam.

                                                           + vorhandene Stimulation des ACTH durch CRH-Gabe

                                                           à Morbus Cushing

 

Serum-Cortisol < 1,4 μg/dl        à         normale Suppression des ACTH durch Dexamethason

                                                           + keine verstärkte Sekretion des ACTH durch CRH-Gabe

                                                           à „Pseudo-Cushing-Syndrom“

Beachte: Auch gesunde Personen zeigen nur einen geringen Anstieg.


Bei dem hier gewählten Cut-off-Wert von 2,0 μg/dl erreicht der Test eine Sensitivität von 94% und eine Spezifität von 86% bei der Erkennung eines M. Cushing. Ein ACTH-Wert > 15 ng/l unterstützt den Verdacht auf einen M. Cushing.


Zur Differentialdiagnose zwischen „Pseudo-Cushing-Syndrom“ und M. Cushing können auch andere Tests wie der Desmopressin-Test, der Desmopressin/Hexarelin-Test oder der Insulin-Hypoglykämie-Test angewandt werden.


Cortisol nach Dexamethason- und CRH-Gabe

Literatur:  

Partsch, Endokrinologische Funktionsdiagnostik, Schmidt & Klauning, 7. Auflage, 2011
Lehnert, Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokr., Diab. und Stoffw. Thieme Verlag, 4. Auflage, 2015