Ziel/Indikation:

Frauen: Diagnostik des hypogonadotropen Hypogonadismus
Mädchen: Diagnostik der Pubertas praecox bei Kindern mit Pubertätszeichen vor dem 8.Geburtstag

Kontraindikation:

Hypophysenadenome (Risiko des Hypophysenapoplex), Schwangerschaft und Stillzeit

Prinzip:

Normalerweise wird GnRH in ausreichender Menge im Hypothalamus produziert und sezerniert und führt dadurch zu einer Sekretion von LH und FSH aus der Hypophyse, welche wiederrum die Sekretion von Östradiol stimulieren. Bleibt nach Gabe von GnRH ein Anstieg von LH, FSH und den Sexualhormonen aus, so kann von einer (partiellen) Hypophyseninsuffizienz in Bezug auf die Hypophysen-Over-Achse ausgegangen werden. 

Bei Mädchen kann der Test angewendet werden, um den klinischen Verdacht einer Pubertas praecox, aufgrund von im test unter GnRH-Stimulation vermehrt freigesetzten Gonadotropinen einer bereits aktivierten Geschlechtshormonachsen, zu bestätigen.

Vorbereitung:

  • Legen eines venösen Zugangs
  • Die Untersuchung ist ambulant durchführbar
  • Aufklärung des Patienten über äußert selten vorkommende anaphylaktische Reaktionen

Durchführung:

  1. Abnahme der basalen Probe für LH und FSH (1x Serum-Blut)
  2. Gabe von 100μg GnRH i.v. (z.B.: LHRH Ferring Injektionslösung® oder Relefact LH-RH 0,1mg Injektionslösung®)

    Cave:

    • bei Kindern 60μg/m² KOF (max. 100μg) i.v. als Kapazitätstest
    • 25-30 μg/m² KOF (max. 25μg) als Sensitivitätstest
  3. weitere Blutentnahme nach 25min. (oder 30min.) für LH und nach 45min. für FSH

Ergebnisse und Interpretation:


Frauen:

LH-Anstieg < 20 IU/l
à Test auffällig, Vorliegen einer hypothalamischen oder hypophysären Störung

à Wiederholung nach einwöchigem „Hypophysentraining“ (pulsatile GnRH-Applikation)

  • hypothalamische Störung: aufgrund des Hypophysentrainings adäquater Anstieg des LH
  • hypophysäre Störung: auch nach Hypophysentraining kein adäquater LH-Anstieg
LH-Anstieg > 20 IU/l, absolut aber < 40 IU/l    
à Test eingeschränkt aussagekräftig

LH-Anstieg > 20 IU/l und absolut > 40 IU/l 
à Test unauffällig, kein Vorliegen einer hypothalamischen oder hypophysären Störung


Mädchen:


basale LH-Konzentration > 1 IU/l 
à Hinweis auf Gonadotropin-abhängige Pubertas praecox

Beachte: In bis zu 35,7% der suspekten Fälle bezüglich einer Pubertas praecox bei Mädchen zeigten sich niedrigere basale LH-Werte (mitunter unter der Nachweisgrenze) trotz späterer Diagnose einer Pubertas praecox. Die Messung des basalen LH ersetzt nicht die Durchführung des GnRH-Tests.

LH-Anstieg auf über 5 IU/l und/oder LH/FSH-Quotient > 0,66
à starker Hinweis auf Gonadotropin-abhängige Pubertas praecox

Östradiol > 10 - 20 pg/ml (> 36,7 - 73,4 pmol/l) 
  
à Hinweis auf Pubertät

Bezüglich der Östradiol-Konzentration wurden verschiedene Cut-Offs publiziert. Sehr hohe Östradiol-Werte beiniedrigen (nicht pubertären) Gonadotropinen sprechen für das Vorliegen einer Gonadotropin-unabhängigen Pubertas praecox. Gründe hierfür können zum Beispiel Geschlechtshormon-produzierende Tumoren oder Zysten sein.

Im Tanner-Stadium 2 führt das Vorliegen von Übergewicht bzw. Adipositas zu geringeren LH-Werten nach GnRH-Stimulation. Grund ist ein durch Übergewicht/Adipositas vorliegender Androgen- und Östradiol-Exzess welcher zu einer Suppression des LH führt. Im Tanner-Stdaium 4 scheint es dagegen keine Unterschiede zwischen normalgewichtigen und übergewichtigen/adipösen Mädchen zu geben.

Bei Übergewicht/Adipositas: LH/FSH > 0,6 à Hinweis auf Gonadotropin-abhängige Pubertas praecox


Literatur:

Rahim et al, Gonadotropin-releasing hormone stimulation test and diagnostic cutoff in precocious puberty: a mini review, Ann Pediatr Endocrinol Metab 2020; 25: 152 - 155
Lehnert, Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokr., Diab. und Stoffw. Thieme Verlag, 4. Auflage, 2015
AWMF-Leitlinie Pubertas praecox 2011, aktuell in Überarbeitung
Birkhäuser, Pubertas tarda bei hypogonadotropem Hypogonadismus,  J Gynäkol Endokrinol 2018; 16: 103 - 114
Partsch et al, Endokrinologische Funktionsdiagnostik, Schmidt & Klauning, 7. Auflage, 2011