Definition:
Unterfunktion der Keimdrüsen (Hoden)
Ursachen:
Hypothalamus:
idiopatisch,
konstitutionelle Entwicklungsverzögerung,
Kallmann-Syndrom,
funktionelle GnRH-Sekretionsstörung
Hypophyse:
Kallmann-Syndrom,
Hyperprolaktinämie,
Hypopituitarismus
Testes:
Klinefelter-Syndrom (47, XXY),
Orchitis (Mumps, HIV, Medikamente, Chemotherapie, Bestrahlung),
Andropause (Hypogonadismus im Alter)
Symptomatik:
Vor der Pubertät:
- verzögerte oder fehlende Pubertätsentwicklung
- Eunuchoidismus (Ausbleiben der Virilisierung, verstärkter Längenwachstum, weiblicher Haarwuchs, fehlender Stimmbruch, kleine Hoden und Penis)
Im Erwachsenenalter:
- Potenzmagel, Libidoverlust
- verminderter Muskelmasse mit Leistungsschwäche
- Müdigkeit (durch fehlenden Stimulus auf die Blutbildung, oft normozytäre, normochrome Anämie)
- Infertilität
- Reduktion von Bartwuchs und Körperbehaarung (Rasurfrequenz ↓)
- Gynäkomastie
Pathophysiologie:
Die Hoden erfüllen eine Doppelfunktion mit Spermiogenese und Bildung von männlichen Sexualhormonen.
Die Hodenfunktion unterliegt einer übergeordneten Regulation durch Hypothalamus (GnRH) und Hypophysenvorderlappen (LH, FSH). Das Testosteron wird in 95 % im Hoden gebildet, die restlichen 5 % sind adrenaler Genese. Testosteron wird im Blut an SHBG (sexual-Hormon-bindendes Globulin) gebunden, transportiert. In den Androgenzielgeweben wird Testosteron mit Hilfe von 5α-Reduktase in das potentere Dihydrotestosteron umgewandelt (DHT).
Regulationsachsen:
- GnRH : LH : Leydig-Zellen: Testosteronproduktion
- GnRH: FSH: Sertoli-Zellen: Spermiogenese
Einteilung:
- nach dem Ort der zugrunde liegenden Funktionsstörung:
- primär: Funktionsstörung der Gonaden
- sekundär: Störung liegt im Bereich der Hypophyse
- tertiär: Störung liegt im Bereich des Hypothalamus
- nach der endokrinologischen Konstellation:
- hypergonadotroper Hypogonadismus (Gonadotropine ↑, Testosteron ↓)
- hypogonadotroper Hypogonadismus (Gonadotropine ↓, Testosteron ↓)
Diagnostik:
- Sonographie der Hoden
- Hormonbestimmungen (s. Labor)
- Dynamische Funktionstests (LH-RH-Test, HCG-Test)
- MRT der Sella-Region - Genetische Untersuchung
Labor:
- Gesamt-Testosteron und SHBG bzw. freies Testosteron (Blutentnahme morgens!)
- LH und FSH zur Unterscheidung von hypo (LH ↓) und hypergonadotropen Formen (LH↑)
- Prolaktin zum Ausschluss einer Hyperprolaktinämie mit Suppression der Gonadotropinen
- bei Kinderwunsch: Spermiogramm
- Chromosomenuntersuchung (Klinefelter-Syndrom, 47, XXY, nur mit Einverständniserklärung des Patienten nach dem Gendiagnostikgesetz)
Therapie:
- Androgensubstitution (oral, i.m., Testosteronimplantate, Pflaster)
- Gonadotropine : anfänglich HCG( humanes Choriongonadotropin), danach hMG (humanes menopausales Gonadotropin)
- Pulsatile Pumpentherapie mit GnRH
NB: Testosteron-Werte sind abends deutlich geringer als morgens.
Literatur:
- Cl. Marischler: Endokrinologie, 2007, ISBN: 978-3-437-422669
- B. Neumeiste, I.Besenthal, B.O.Böhm: 2009, Klinikleitfaden Labordiagnostik,ISBN: 978-3-437-22232-0
- T.R. Harrison: Harrisons Innere Medizin, 18. Auflage, 2012, ABW Wisseschftsverlag, ISBN: 978-3-940615-20-6
- L. Thomas: Labor und Diagnose, 8 Auflage, 2012 ISBN: 978-3-9805215-8-1